Immer wieder erreichen uns Bilder von massiven Missständen in der Tierhaltung: Klaffende Wunden bei Schweinen und Puten, auf dem Boden tot geschlagene Ferkel, kranke Tiere, die kaum noch aufstehen können und bedrückende Enge.
Die Zahl dieser Vorfälle macht deutlich: Die Versuche, die Debatte mit dem Verweis auf „einzelne schwarze Schafe“ klein zu halten, sind gescheitert. Viel zu häufig haben wir es mit alltäglichem Tierleid zu tun, das sich hinter abgeriegelten Stalltoren abspielt.
Das Ausmaß der Missstände zeigt, dass wir die Tiere in der Landwirtschaft besser schützen müssen.
In unserem Pakt für faire Tierhaltung haben wir beschrieben, wie wir Schritt für Schritt aus der industriellen Tierhaltung aussteigen, den Umbau zu einer besseren Tierhaltung mit einer gezielten Förderung unterstützen und durch eine verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung begleiten wollen.
Neben diesen Maßnahmen brauchen wir aber auch bessere Gesetze. Und damit diese Gesetze greifen, müssen sie deutlich besser kontrolliert werden, als das bisher der Fall war.
1. BESSERE GESETZE
Tatsache ist: Viele der Missstände in den Ställen – wie etwa Schweine mit blutigen Wunden und ballongroßen geschwollenen Gelenken – sind grausam. Sie verstoßen aber häufig nicht gegen geltendes Gesetz. Wir fordern die Bundesregierung auf, das zu ändern und
- das Tierschutz-Gesetz so zu überarbeiten, dass es seinen Namen auch verdient. Dauerhaftes Tierleid, und tierquälerische Kastenstände und Eingriffe am Tier dürfen nicht länger legal sein.
- existierende Haltungsvorgaben zu verbessern. Ställe müssen offen und tiergerecht gestalten werden, alle Tiere brauchen mehr Platz, Auslauf, Licht und Beschäftigung.
- für Tierarten wie Mastrinder, Milchkühe, Puten und Elterntiere von Legehennen angemessene Haltungsvorgaben zu schaffen. Solche Vorgaben existieren heute schlicht nicht.
2. BESSERE KONTROLLEN
Gravierende Missstände gelangen zu häufig nur dann ans Tageslicht, wenn sie von AktivistInnen oder JournalistInnen enthüllt werden. Dabei wäre es die Aufgabe der zuständigen Behörden, Tierschutzverletzungen zu erkennen. Deshalb müssen Kontrollen und Vollzug effektiver und zielgerichteter gestaltet werden. Dazu muss die Bundesregierung zusammen mit den Ländern
- dafür sorgen, dass tierhaltende Betriebe, vor allem Risikobetriebe und bereits auffällig gewordene Betriebe, deutlich häufiger und ohne Vorankündigung kontrolliert werden.
- sich auf Vorgaben zu Mindestkontrollfrequenzen verständigen – wie dies etwa bei Lebensmittelkontrollen üblich ist.
- sicherstellen, dass bei den Kontrollen sowohl das Vieraugen- als auch das Rotationsprinzip angewendet werden.
- den zuständigen Behörden alle vorhandenen tierschutzrelevanten Daten eines Betriebes zur Verfügung stellen – also etwa auch die Ergebnisse von Schlachthofbefunden und Tierverwertungsanlagen – um Risikobetriebe effektiver identifizieren zu können.
- Risikobetriebe durch spezielle Kontrollteams kontrollieren zu lassen, die direkt dem jeweiligen Landesministerium unterstehen.
3. WIRKSAME SANKTIONEN
Wird bei Tierqual sanktioniert, steht das Leid der Tiere oftmals in keinerlei Verhältnis zu den verhängten Bußgelder. Ein Landwirt etwa, in dessen Ställen Schweine mit abgerissenen Schwänzen gefunden wurden, mit tellergroßen Bisswunden, mit entzündeten Gelenken und Darmverschluss, kam mit einer Geldstrafe von knapp 1.500 Euro davon. Dieses Beispiel macht deutlich: Die Sanktionen in diesem Bereich müssen deutlich wirksamer werden. Die Bundesregierung muss daher
- das Tierschutzgesetz so anpassen, dass, wer einem Tier länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden zufügt, eine Straftat begeht. Bisher ist dies nur der Fall, wenn die „Erheblichkeit“ der Schmerzen des Tieres nachgewiesen wird.
- die Bundesländer dabei unterstützen, Fachstaatsanwaltschaften einzurichten, die in der Materie bewandert sind.
- die Tatbestände erweitern, die als Ordnungswidrigkeiten einzustufen sind und diese mit angemessenen Bußgeldern belegen.
- es Behörden und Gerichte ermöglichen, bei wiederholten Ordnungswidrigkeiten – abhängig von deren Schwere oder Anzahl – Tierhaltungsverbote zu verhängen.
IN KÜRZE
Die Tierschutzgesetze in Deutschland sind nicht ausreichend und werden unzureichend umgesetzt. Die Nutztiere ertragen in ihrem oft kurzen Leben häufig qualvolle Haltungsbedingungen. Leidende Tiere gehören zum Alltag und werden bei Kontrollen als „normal“ hingenommen. Wir fordern eine artgerechte Haltung der Tiere in der Landwirtschaft durch
- eine effektivere Gesetzgebung zum Schutz der Tiere.
- Verbesserung der Kontrollen landwirtschaftlicher Betriebe.
- eine angemessene Ahndung von Tierquälerei und Vernachlässigung.
- ein politisches Umsteuern hin zu einer Landwirtschaft ohne Tierleid.
Aktuelle Hintergrundinformationen zum Autorenpapier:
Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zeigt, dass der Tierschutz in tierhaltenden Betriebe im bundesdeutschen Durchschnitt nur alle 17 Jahre kontrolliert wird, in Bayern sogar nur alle 50 Jahre.