STOPPT CETA UND TTIP – Schutzstandards im Visier

Stoppt TTIPBei den derzeit verhandelten Abkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) und zwischen der EU und den USA (TTIP) geht es nicht nur klassisch um Handel – es geht auch darum, welche Standards zukünftig in Europa gelten. Dabei sind sehr sensible Bereiche betroffen wie Verbraucher-, Umwelt-, und Datenschutzstandards, sowie Gesundheit, Soziales, Kultur und Finanzmarktregulierung. Unter dem Stichwort der „regulatorischen Kooperation“ geht es darum, bestehende Standards anzugleichen und Regeln festzulegen nach denen zukünftig überhaupt noch Standards gesetzt werden können.

Die Befürchtungen, dass dadurch wichtige Umwelt-, Verbraucher-, Sozial- und Datenschutzstandards abgesenkt werden, sind berechtigt. Bereits die Grundausrichtung der Abkommen ist problematisch: In der Logik von TTIP und CETA werden Standards als Handelshemmnisse betrachtet. Anstatt starke Schutzstandards zum Ziel der Kooperation zu erheben, machen TTIP und CETA sie zur Zielscheibe. Eine solche Kooperation lehnt die grüne Bundestagsfraktion ab.

Wir haben deshalb den Antrag Starke Schutzstandards: Ziel statt Zielscheibe moderner Handelspolitik in den Deutschen Bundestag eingebracht. Der Bundestag muss klarstellen, dass er keinem Abkommen zustimmen wird, dass direkt oder mittelfristig zu einer Absenkung bestehender, hart erkämpfter Schutzstandards führt. Der derzeitige CETA-Entwurf ist unter diesem Gesichtspunkt inakzeptabel, und auch die bekannten TTIP-Entwürfe zeigen deutlich, dass das Abkommen ungeeignet ist, bestehende Standards zu schützen und eine Weiterentwicklung zu fördern.

REGULIERUNGSHOHEIT DES STAATES WIRD EINGESCHRÄNKT

Die CETA- und TTIP-Entwürfe enthalten sehr weitreichende Verpflichtungen, nicht nur was Liberalisierung angeht, sondern auch bezogen auf andere Politikfelder. Um trotzdem politischen Handlungsspielraum für nationale Regierungen etwa beim Verbraucherschutz oder in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erhalten, wären viele Ausnahmen in den Vertragsentwürfen zu CETA und TTIP notwendig. Doch diese fehlen gänzlich oder sind mangelhaft ausgestaltet. Zum Beispiel ist die Regulierungshoheit, das sogenannte right to regulate, unzureichend verankert, wichtige Ziele wie ein „hohes Schutzniveau“ sind ungenau definiert.

VORSORGEPRINZIP FEHLT

Das Vorsorgeprinzip ist es ein Grundpfeiler des Verbraucherschutzes in Europa. Es ermöglicht politisches Handeln zum Schutz von Mensch und Umwelt auch dann, wenn noch kein letztgültiger Beweis für die Schädlichkeit eines Produktes vorliegt. In den Vertragsentwürfen zu CETA und TTIP fehlt es völlig. Stattdessen deutet vieles auf eine Stärkung des „wissenschaftsbasierten“ Ansatzes hin. Nach dem wissenschaftsbasierten Ansatz würde die Logik des Vorsorgeprinzips umgedreht, und ein unwiderlegbarer Nachweis wäre nötig, bevor ein regulierender Eingriff zum Schutz von Mensch und Umwelt möglich wird. Das ist dort problematisch, wo Studien oft industriefinanziert sind, wie beispielsweise Risikobewertungen vor der Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen. In Kombination mit industrienahen Zulassungsbehörden führt der „wissenschaftsbasierte“ Ansatz somit regelmäßig zu einer Missachtung des Vorsorgeprinzips.

BLANKOCHECKS FÜR REGULIERUNGSGREMIEN

Hinzu kommt, dass TTIP und CETA als sogenannte living agreements geplant sind – „lebendige Abkommen“, die sich auch nach der Ratifikation noch permanent verändern und fortentwickeln. Beide Vertragsentwürfe sehen vor, dass eigens dafür eingerichtete Gremien Annexe, Anlagen, Protokolle und Anmerkungen verbindlich verändern können, ohne dass eine Beteiligung des Europäischen Parlaments sichergestellt wäre. Nach Ansicht von Fachleuten wie dem Verfassungsrechtler Dr. Patrick Holterhus von der Universität Göttingen ist die Ausgestaltung dieser Gremien nicht hinreichend klar geregelt. Das nährt die Befürchtungen, dass der Einfluss industrienaher Lobbyisten so extrem verstärkt werden soll.

FÜR EINE NEUAUSRICHTUNG DER HANDELSPOLITIK

Der Name trügt, in CETA und TTIP geht es nicht um Regulierungskooperation, sondern um Deregulierungskooperation. Wir Grüne im Bundestag sagen: So nicht! Wir stehen für eine faire und gerechte Handelspolitik, die starke und robuste Standardsetzung Handelsinteressen nicht unterordnet. Die Bundesregierung sieht in diesem Bereich keinen Verbesserungsbedarf und ignoriert die Gefahren für bestehende Standards und ihre zukünftige Weiterentwicklung. Wir fordern die Bundesregierung auf sich für einen Neustart der europäischen Handelspolitik einzusetzen, damit diese auf robuste Standardsetzung ausgerichtet ist, multilateralen Prozessen Vorfahrt gewährt, das Europäische Parlament besser einbindet, die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure ernst nimmt und echte Transparenz sicherstellt.

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