Der EU-Ministerrat zur Genmais-Zulassung ist am 11. Februar ohne Entscheidung zu Ende gegangen –weil Deutschland stur auf Enthaltung beharrte, wo nichts als ein klares NEIN angemessen gewesen wäre. In typischer Merkel-Manier hat die Kanzlerin das Thema ausgesessen, obwohl eine qualifizierte Mehrheit gegen den Genmais-Anbau zuletzt in greifbare Nähe gerückt war. Nur fünf Mitgliedsstaaten setzten sich noch für die Zulassung ein: Spanien, Großbritannien, Schweden, Finnland und Estland. 19 von 28 Mitgliedsstaaten waren dagegen. Vier enthielten sich – darunter das Stimmen-Schwergewicht Deutschland – und verhinderten so den Stopp des Zulassungsverfahrens. Nun will die Europäische Kommission es zulassen.
Damit blieb die historische Chance ungenutzt, im Rat der Europäischen Union ein klares Zeichen gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Europa zu setzen. Dies spielt auch im Hinblick auf die geplanten Freihandelsabkommen mit Kanada und mit den USA eine wichtige Rolle. Nur ausnahmsweise hatte in diesem Verfahren noch einmal der Rat selbst zu entscheiden. Mehrere weitere anstehende Zulassungen von Gentech-Pflanzen für den Anbau in Europa werden wohl in den nächsten Monaten durch die Hinterzimmergremien der „Ständigen Ausschüsse“ an der Öffentlichkeit vorbei in Brüssel beschlossen werden.
Das deutsche Stimmverhalten im Rat bedeutet eine schallende Ohrfeige für die überwältigende Mehrheit von mehr als 85% der deutschen Bürgerinnen und Bürger, die Gentechnik auf dem Acker ablehnen. Es widerspricht der Aussage im schwarz-roten Koalitionsvertrag, „die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung“ anerkennen zu wollen. Und es ignoriert den mit breiter Mehrheit verabschiedeten Beschluss des Europäischen Parlaments, das sich ebenfalls gegen die Zulassung ausgesprochen hat.
Es ist nun Aufgabe der Kommission, diese breite Ablehnung im weiteren Zulassungsverfahren angemessen politisch zu berücksichtigen. Wir erwarten von Kommissar Borg und dem gesamten Kollegium der Kommissionsmitglieder, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Mehrheitsverhältnissen in der EU Rechnung zu tragen und die Zulassung zu vermeiden. Die von der Kommission ins Spiel gebrachte Möglichkeit nationaler Anbauverbote ist dabei nichts weiter als eine Beruhigungspille. Wir wollen keinen Flickenteppich von Gentechnik-Anbau in Europa, sondern eine klare Entscheidung für ein Europa ohne Gentechnik auf dem Acker.
Die Bundesregierung hat auf ganzer Linie versagt und ist ihrer europäischen Verantwortung nicht gerecht geworden. Sie hat auf dieses Weise dazu beigetragen, dass bald ein zweifach gentechnisch veränderter Mais auf unseren Feldern stehen wird, der die Behandlung mit dem hochgiftigen Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat unbeschadet übersteht und in allen Pflanzenteilen selbst ein Insektengift produziert, das auch Schmetterlingen gefährlich werden kann und dessen Wirkung auf Bienen noch kaum erforscht ist. Während die Risiken für Mensch und Umwelt weitgehend ungeklärt sind, ist eines sicher: Die ökologische und die gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft einschließlich der Imkerinnen und Imker wird einen hohen Preis für diese Fehlentscheidung zahlen. Unerwünschte Verunreinigungen und Konflikte darüber, wer die entstehenden Kosten übernimmt, sind vorprogrammiert.