Klimawandel verschärft die Nahrungskrise
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leiden weltweit 842 Millionen Menschen unter Hunger. Der Klimawandel wird diese Hungerkrise verschärfen. Jetzt ist die internationale Staatengemeinschaft gefragt.
Alle zwei Jahre veröffentlicht die Welternährungsorganisation FAO im Auftrag der Vereinten Nationen einen Welternährungsbericht. Gestern stellte sie ihre aktuellen Schätzungen für die Jahre 2011 bis 2013 vor: Demnach hungern weltweit 842 Millionen Menschen, das entspricht 12 Prozent der Weltbevölkerung.
Mit mehr Entwicklungszusammenarbeit zu den ‚millennium goals‘
Im Jahr 2000 verständigten sich die Vereinten Nationen auf Millenniums-Entwicklungsziele, die die internationale Staatengemeinschaft bis 2015 erreichen will – erstes und oberstes Ziel ist die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger. In Bezug auf die Hungerbekämpfung ist das erklärte Ziel, den Anteil der Menschen, die unter Hunger leiden, zwischen 1990 und 2015 zu halbieren. In den Jahren 1990 bis 1992 lag die weltweite Hungerrate bei 18,9 Prozent. Seitdem ist sie kontinuierlich auf zuletzt 12 Prozent gesunken. Noch zwei Jahre bleiben also, die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen – mit einer gemeinsamen internationalen Anstrengung ist das möglich. Deutschland muss dazu endlich seine internationalen Zusagen einhalten und 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen.
Der Klimawandel verschärft die Hungerkrise
Die Verwendung dieser Gelder ist allerdings stark umstritten. Sollte die Steigerung der Lebensmittelproduktion das vorrangige Ziel sein oder muss eher um die Verteilung der Erzeugnisse und die Nachhaltigkeit des Anbaus gerungen werden? Die internationale Diskussion und Abwägung dieser Konzepte wird weitergehen. Bei der Lösung des Welternährungsproblems müssen in jedem Fall die Folgen des Klimawandels berücksichtigt werden. Während die Erträge in einigen wenigen Ländern des Nordens steigen werden, lassen Klimafolgenabschätzungen erwarten, dass die landwirtschaftliche Produktivität insgesamt zurückgeht – um ca. 16 Prozent bis 2080. Dadurch ergibt sich eine paradoxe Situation: Das Wachstum der konventionellen Landwirtschaft untergräbt seine eigenen Grundlagen. Immerhin erzeugt der Agrarsektor 14 Prozent der klimaschädlichen Emissionen (Lachgas, CO2, Methan).
Wie kann vor diesem Hintergrund die Ernährungspolitik der Zukunft aussehen? Anlässlich der diesjährigen UN-Vollversammlung formulierte der grüne Politiker Thilo Hoppe (MdB) deren Grundsätze: „Eine wichtige Aufgabe wird darin bestehen, künftig die Entwicklungsagenda mit der Umweltagenda zusammenzubringen.“ Er begrüßt daher die Forderung Ban Ki Moons nach einer einheitlichen Agenda, die für alle Länder gültige Zielstellungen ausgibt. Dabei müssten aber auch die globalen Ungleichgewichte berücksichtigt werden: „Den Industrieländern mit ihrem enormen Ressourcenverbrauch kommt die Verantwortung zu, einen gesellschaftspolitischen Paradigmenwechsel einzuleiten und für die Finanzierung der Agenda im besonderen Maße aufzukommen.“