Katrin Göring-Eckardt und Peer Steinbrück haben in der Bundespressekonferenz einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro gefordert. Ein Mindestlohn stärke den Binnenmarkt und die Kaufkraft, so die SpitzenkandidatInnen von Grünen und SPD. Die Union dagegen will die Bürgerinnen und Bürger mit einer flexiblen Lohnuntergrenze abspeisen und setze damit die aktuelle Situation fort, dass die Menschen von ihrem Lohn nicht den Lebensunterhalt bestreiten können.
gruene.de: Warum brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn, wo es doch bereits branchenspezifische Mindestlöhne gibt?
Katrin Göring-Eckardt: 6,8 Millionen Menschen, die weniger als 8,50 Euro Stundenlohn bekommen, zeigen: Die bestehenden Regelungen reichen nicht aus. Deutschland hat heute nach Estland und Zypern den größten Niedriglohnsektor im Euro-Raum. Branchenspezifische Mindestlöhne verhindern nicht, dass in manchen Branchen nach wie vor die Lohnspirale nach unten gedreht wird. So verdient zum Beispiel eine Floristin in Ostdeutschland gerade mal 5,39 Euro Stundenlohn – laut Tarifvertrag. Auch die Wirtschaft braucht einen klaren verlässlichen Rahmen, deshalb 8,50 Euro als Mindestlohn flächendeckend. Wir stärken damit auch den Binnenmarkt, indem wir die Kaufkraft erhöhen.
Hat die Politik überhaupt das Recht, sich in Tarifverhandlungen einzumischen?
Peer Steinbrück: Mit Mindestlöhnen wird die Tarifautonomie doch gestärkt. Denn immer weniger Beschäftigte fallen unter einen Tarifvertrag und immer mehr Beschäftigte erhalten einen so geringen Lohn, dass sie davon ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können. Ein gesetzlicher Mindestlohn stellt also eine notwendige Ergänzung des bewährten Tarifvertragssystems dar. Er ist die untere Grenze für einen menschenwürdigen Lohn. Oberhalb dieser Grenze können höhere Löhne weiter frei durch die Tarifpartner vereinbart werden.
Wer würde durch einen gesetzlichen Mindestlohn bessergestellt?
Peer Steinbrück: Alle Beschäftigten, die derzeit weniger als 8,50 Euro die Stunde verdienen. Und da zeigt sich der ganz große Unterschied zur Lohnuntergrenze der Union. Denn all diejenigen, die zwar einen Tariflohn erhalten, aber mit weniger als 8,50 Euro die Stunde abgespeist werden, haben einfach Pech gehabt, wenn es nach Frau Merkel geht. Bei uns nicht. Bei uns erhalten alle mindestens 8,50 Euro.
Besteht die Gefahr, dass ein Mindestlohn Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet?
Katrin Göring-Eckardt: Nein, die guten Erfahrungen aus benachbarten Ländern zeigen klar, dass das nicht so ist. Es gibt keine negativen Effekte. Weder in Großbritannien noch in Frankreich oder anderen europäischen Ländern hat die Einführung eines Mindestlohns Arbeitsplätze gekostet. 20 europäische Länder haben inzwischen einen gesetzlichen Mindestlohn, auch bei uns muss er endlich kommen.