Wir kämpfen für mehr Gerechtigkeit

Unter dem Motto „Der frühe Vogel trifft die richtigen Entscheidungen“ startete die Bundesdelegiertenkonferenz am zweiten Tag mit der Sozialpolitik. Wir GRÜNE kämpfen für mehr Gerechtigkeit, Zusammenhalt und eine Gesellschaft, in der niemand zurückgelassen wird. Trotz teils unterschiedlicher Detailvorstellung wurde in der Debatte klar: Teilhabe, Armutsbekämpfung bei Kindern, Frauen und im Alter, einen Mindestlohn, soziale Gerechtigkeit – Sozialpolitik ist Grünen-Politik.

„Ich möchte, dass man zukünftig, wenn man das Thema Teilhabe hört, wenn man an das Thema Gerechtigkeit denkt, dass man auch an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN denkt“, eröffnete Cem Özdemir die Debatte zur Sozialpolitik am frühen Samstagmorgen mit der Einbringung des Leitantrages „Eine Gesellschaft für Alle: Umfassende Teilhabe durch gute Institutionen und gerechte Verteilung“. Die großen Veränderungen, wie die Einführung eines Mindestlohns, stünden noch bevor – spätestens nach einer Regierungsübernahme in 2013. Cem Özdemir gab damit den Tenor der nächsten Stunden an, und am Ende stimmten die Delegierten mit überwältigender Mehrheit für den Leitantrag.

Für eine verfassungsgerechte Grundsicherung

In seiner Rede sprach Cem Özdemir davon, dass er sich als gelernter Erzieher nicht damit zufrieden gebe, irgendeinen Kitaplatz zu schaffen. Er fordert gute Kitaplätze. „Ich will, dass da Erzieher arbeiten, die gut ausgebildet sind, die einen guten Lohn bekommen.“ Der internationale Vergleich zeige, dass auch ein Mindestlohn keine Gefahr für die Volkswirtschaft sei. Statt unsinnigen Ausgaben für ein Betreuungsgeld müsse der Fokus auf eine menschenwürdige, verfassungsgerechte Grundsicherung gesetzt werden, so Cem Özdemir. Diese systematische Finanzierung sei langfristig sinnvoller, als Geld in ein bestehendes System zu pumpen. Stattdessen wolle er das Vertrauen von ehemaligen Schleckermitarbeiterinnen ebenso bekommen, wie von dem gutverdienenden Arzt, denn alle seien Teil derselben Gesellschaft und müssten dazu beitragen, dass diese nicht auseinanderfällt.

Annelie Buntenbach vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds machte in ihrer Gastrede klare Ansagen an die Anwesenden: „Ich glaub, dass Sozialpolitik ein zentraler Hebel in unserer Gesellschaft für Gerechtigkeit ist.“ Den Fokus der BDK auf die Sozialpolitik auszurichten, sehe sie dabei als gutes Zeichen. Die Spaltung der Gesellschaft sei in Deutschland zu groß. Eine Umverteilung müsse daher gesamtgesellschaftlich passieren. „Uns geht es um eine Gesellschaft, in der alle auf Augenhöhe teilhaben“, sagte Annelie Buntenbach.

Dies hieße einerseits, dort zu fordern, wo bis jetzt zu wenig gegeben wird. „Wer viel stärker in die Verantwortung genommen werden muss, und da setze ich auf euch, sind die Arbeitgeber“, sagte Annelie Buntenbach. Ein Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro seien ebenso notwendig wie die Bekämpfung von Kinderarmut und die Abschaffung der „elenden Herdprämie“.

Die Relevanz von Bildungspolitik als maßgebliche, aber nicht einzige Säule der Sozialpolitik thematisierte Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung Berlin. Es sei schon lange bekannt, dass inklusive Modelle, wie ein einteiliges Schulsystem, am besten seien, um Ursachen von Benachteiligung und Armut entgegenzuwirken. Nun müssten diese Modelle endlich eine breite Umsetzung bekommen, so Allmendinger. Sie kritisierte die Exzellenzförderung und Bildung von privaten Schulen als falsche Lenkung des Bildungssystems. Stattdessen müsste man Schulen an Brennpunkten unterstützen und die Möglichkeit schaffen, auf die Vielfältigkeit der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können.

Mit dem Antrag des Bundesvorstands wurde ein umfassendes Konzept zur Armutsbekämpfung in allen Gesellschaftsgruppen von einer überwältigenden Mehrheit der Delegierten verabschiedet. Eine Altersvorsorge, die auch dann eine angemessene Grundsicherung ist, wenn die Erwerbsbiografie nicht der Norm des männlichen jahrzehntelangen Vollbeschäftigten entspricht.

Rückhalt für die Benachteiligten

Vor allem aber fordert der Beschluss einen Rückhalt für diejenigen, die auch schon vorher benachteiligt werden. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf einer eigenständigen Existenzsicherung für Frauen, die nicht ohne einen Abschied von Minijobs und der überfälligen Bereitstellung von Kitaplätzen funktionieren wird. Ebenso soll Menschen mit Beeinträchtigungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden.

Als Sofortziele des Antrages nannte Astrid Rothe-Beinlich auch ein Ende der aktuellen Situation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern. „Da steht nicht mehr und nicht weniger als auch die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzgebung drin“, sagte die Frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Denn die Würde des Menschen sei unantastbar und der Wert einer Gesellschaft müsse immer am Umgang mit den Schwächsten bemessen werden.

Bundesvorstands- und Parteiratswahlen

Nach der Sozialpolitischen Debatte waren die Delegierten aufgerufen, ihre Parteiführung neu zu wählen. Der Bundesvorstand mit Claudia Roth, Cem Özdemir, Steffi Lemke, Benedikt Mayer, Astrid Rothe-Beinlich und Malte Spitz wurde komplett bestätigt.

Im neuen Parteirat sind jetzt: Bärbel Höhn, Katrin Göring-Eckardt, Annalena Baerbock, Gesine Agena, Renate Künast, Theresa Schopper, Rebecca Harms, Jürgen Trittin, Volker Beck, Gerhard Schick, Johannes Remmel, Tarek Al-Wazir und Rasmus Andresen. Weitere Informationen findet ihr in unserem Artikel über die Wahlen.

V-Anträge

Von den ausgewählten Verschiedenes-Anträgen wurden unter anderem eine Angabe von CO2-Emissionen bei allen Fernverkehsmitteln, die Einführung einer Kennzeichnungspflicht bei Verwendung von tierischen Bestandteilen und tierischen Produkten in Lebensmitteln, die Bekämpfung von Folter, eine Ablehnung von bewaffneten Drohnen bei der Bundeswehr sowie ein Verfahren für den Antrag zum Thema Beschneidung beschlossen. Der Antrag zum Thema Beschneidung wird an die auf der Freiburger BDK 2010 gebildete Kommission zum Religionsverfassungsrecht verwiesen.

Quelle

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