Fragen und Antworten zur Euro-Krise

Die Europäische Union ist eine solidarische Wertegemeinschaft. Sie durchlebt schwierige Zeiten: Nicht nur der Euro ist in der Krise, vielmehr ist der Zusammenhalt in Europa gefährdet und das Vertrauen in die Europäischen Union droht zu schwinden. Deswegen ist eine ehrliche Analyse der Krisenursachen sowie rasches und entschlossenes Handeln gefordert

Doch die Ursachenanalyse der Bundesregierung ist eindimensional. Die Kanzlerin sieht in der Eurokrise lediglich eine Staatsschuldenkrise. Für uns hingegen ist sie auch die Konsequenz einer Banken- und Verteilungskrise. Das verschweigt Frau Merkel. Während die Bundesregierung immer noch zu einseitig aufs Sparen setzt, halten wir nachhaltige Investitionen und eine Verbesserung der Einnahmeseite für mindestens genauso wichtig wie Haushaltskonsolidierung.

Ähnlich sieht es aus dem Krisenmanagement der Bundesregierung. Die Kanzlerin und ihre Regierungskoalition haben notwendige Entscheidungen entweder abgelehnt oder verzögert. Dies hat die Krise in einigen Fällen zusätzlich verschärft. Am Ende musste die Kanzlerin oft kleinbeigeben. So werden immer wieder zuvor vehement abgelehnte Forderungen der Grünen Bundestagsfraktion – eine nach der anderen – umgesetzt. Dies gilt für den dauerhaften Euro-Rettungsschirm, der jetzt beschlossen ist, die Rekapitalisierung der europäischen Banken, oder die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Andere Entscheidungen, die wir für notwendig erachten stehen noch aus. Diese sind z.B. die Errichtung eines Schuldentilgungspakts, einer echten europäischen Bankenunion und gemeinsamen Regelungen um unfairen Steuerwettbewerb, Steuerdumping und  Steuerhinterziehung innerhalb der EU zu bekämpfen.

Die Materie und die vorgeschlagenen Lösungen sind komplex. Es gibt vielerorts Verunsicherungen, Ängste, Risiken, offene Fragen. Auch wir suchen nach Antworten, ringen um die richtigen Lösungen. Welcher Weg ist verantwortbar?

Nachstehend beantworten wir Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Eurokrise gestellt werden. Zunächst gehen wir auf die Vorteile ein, die für Deutschland durch die gemeinsame Währung und der Mitgliedsschaft in der Europäischen Union entstehen. Anschließend beschreiben wir Maßnahmen, die im Zuge der Eurorettung bislang erfolgt sind. Im hinteren Teil widmen wir uns den notwendigen nächsten Schritten und erläutern welche Veränderung wir für die Zukunft fordern.

Vorteile der europäischen Integration für Deutschland

Welche Vorteile hat Deutschland vom Euro?

Der Euro hat Europa Wechselkurs- und Geldwertstabilität gebracht. Destabilisierende Wechselkursspekulationen zwischen den Euro-Staaten sind nicht mehr möglich. Dadurch hat die deutsche Wirtschaft viele Milliarden Euro gespart. Außerdem profitiert Deutschland wie kaum ein anderes Land vom EU-Binnenmarkt. Mit der Schaffung des europäischen Binnenmarktes und der Einführung einer gemeinsamen Währung ist für die europäischen Unternehmen ein gemeinsamer Heimatmarkt entstanden, der ihre Wettbewerbsfähigkeit erheblich gesteigert hat.

Die gemeinsame Währung hat letztendlich zu einem wahren Exportboom innerhalb der Eurozone geführt. Der Weg aus der Eurokrise kostet Mut und Geld, aber die politischen und wirtschaftlichen Kosten eines Scheiterns des Euro wären gerade für Deutschland enorm.

Und schließlich ist für jede und jeden von uns das Reisen im Euroraum einfacher geworden, da wir weder Geld umtauschen, noch Wechselgebühren bezahlen müssen.

Warum ist die Europäische Integration wichtig für Deutschland?

In Zeiten der Globalisierung ist die europäische Integration für uns der beste Weg, um politisch handlungsfähig zu bleiben. Antworten auf globale Herausforderungen, wie den Klimawandel oder den Druck auf soziale Standards im internationalen Wettbewerb, lassen sich nur gemeinsam finden. Der einzelne Nationalstaat kann diese Probleme alleine nicht mehr lösen. Auch seine politischen Werte kann Europa nur gemeinsam nach außen vertreten. Europäische Solidarität ist keine leere Floskel, sondern sie ist gerade auch im Interesse Deutschlands, das von den Mitteln aus den Europäischen Strukturfonds stark profitiert hat. Wirtschaftlich hat Deutschland von der Osterweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 stark profitiert.

Darüber hinaus sehen wir in der Europäischen Union auch immer noch ein Friedensprojekt. Die historischen Errungenschaften der europäischen Integration sind für Europa und ganz besonders für Deutschland ein Glücksfall. Die Europäische Union steht nicht nur für Frieden, sondern auch für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Solidarität. Ihren Mitgliedstaaten hat die EU geholfen den aggressiven Nationalismus zu überwinden und Konflikte friedlich zu lösen. Autoritäre Regime und Diktaturen haben innerhalb der EU keinen Platz.

Mehr zu unserer grundsätzlichen Position zu Europa finden hier.

Krisenmanagement der Bundesregierung

Was taugt das Krisenmanagement der Bundesregierung?

Das Krisenmanagement der Kanzlerin ist gekennzeichnet von großen Ankündigungen aber kaum Erfolgen. Am Ende muss Frau Merkel gegenüber ihren europäischen Partnern oft klein beigeben. Ihre Niederlagen verkauft sie dann als ihre „Politik der kleinen Schritte“. Ihr Zögern, Zaudern und Taktieren hat die Eurokrise – gerade zu Beginn – immens verschlimmert.

Seit Beginn der Krise fehlt der Kanzlerin eine Gesamtstrategie Einseitig hat sie aufs Sparen gesetzt und die Notwendigkeit von Investitionen in nachhaltiges Wachstum ignoriert. Zu den Fragen, wer die Kosten der Krise bezahlen soll und wie diese Kosten gerecht verteilt werden können, schweigt die Kanzlerin ebenfalls. Banken, die die Krise mit verursacht haben, werden zu spät und nicht ausreichend in die Pflicht genommen, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden dagegen mit extrem hohen Risiken belastet.

Außerdem handelt die Kanzlerin für die Bürgerinnen und Bürger oftmals nicht nachvollziehbar. Auch dem Deutschen Bundestag hat die Regierung wichtige Informationen vorenthalten. Doch hiermit ist nun Schluss. Mit dem Urteil auf unsere Klage hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die Bundesregierung den Bundestag stärker als bisher bei der Ausgestaltung von Euro-Rettungsmaßnahmen beteiligen muss.

Transparenz und gutes Management sind in der Krise entscheidend. Davon zeigt die schwarz-gelbe Koalition zu wenig.

Der neue Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)

Was ist der ESM und was unterscheidet ihn vom bisherigen Rettungsschirm EFSF?

Der ESM soll als dauerhafte Einrichtung EU-Staaten im Krisenfall helfen. Er wird den derzeitigen Euro-Rettungsschirm (EFSF) ablösen, der lediglich als vorübergehendes Notfallinstrument beschlossen wurde.

Im Gegensatz zur EFSF geben die Euro-Staaten nicht nur Garantien aus, sondern sie zahlen in den ESM tatsächlich Kapital in Form einer Bareinlage ein. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit des ESM und ermöglicht es ihm zu sehr guten Konditionen Kredite am Markt aufzunehmen um sie mit niedrigen Zinsaufschlägen an die Länder in Not weiterzureichen.

Ein zentrales Element des ESM ist die Konditionierung: Hilfe gibt es nur gegen Auflagen. Die hilfebedürftigen Staaten müssen ihre vorab getroffenen Vereinbarungen einhalten. Außerdem werden die Kredite nur  vergeben, wenn der Empfänger seine Schulden auch tatsächlich tragen kann. Das wird in einer sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse überprüft.

Der ESM verfügt über verschiedene Instrumente. In erster Linie leistet er Finanzhilfe in Form von Krediten. Er kann aber auch Staatsanleihen von betroffenen Ländern aufkaufen, die sich auf Grund von Vertrauensverlusten am Markt nur zu sehr hohen Zinsen refinanzieren können. Zusätzlich kann er – wie im Falle Spaniens – Kredite zur Rekapitalisierung von Banken bereitstellen. Dies bietet sich an, wenn der Finanzsektor eines Landes so große Schwierigkeiten aufweist, dass er das ganze Land in Mitleidenschaft zieht. Als zusätzliches Instrument besteht die Möglichkeit Staaten, die Angst vor einer Verschlechterung ihrer Lage haben, auf Antrag eine vorsorgliche Kreditlinie einzuräumen, so dass die Hilfe bei Bedarf zügig abrufbar ist.

Detaillierte Informationen zum ESM und unsere Position dazu finden Sie hier.

Warum unterstützt die grüne Bundestagsfraktion den ESM? Kann er weitere Krisen tatsächlich unterbinden?

Der Deutsche Bundestag hat mit den Stimmen der Grünen Bundestagsfraktion Ende Juni 2012 der Einrichtung des ESM zugestimmt. Wir glauben, dass der ESM ein wichtiger Baustein ist, um die Eurozone langfristig zu stabilisieren. Er soll dafür sorgen, dass die Notlage eines Mitgliedstaates nicht zu einer Notlage der gesamten Eurozone führt. Der ESM schafft verbindliche Regeln, die chaotische Einzelrettungen zum Höchstpreis verhindern.

Im Gegensatz zu Schwarz-Gelb bekennen wir uns eindeutig dazu, dass ohne gemeinsame Gewährleistungen ein Ausweg aus der Krise nicht möglich ist. Die Koalition hat mit ihrem zögerlichen Verhalten dazu beigetragen, dass der größte Teil der Krisenstrategie momentan durch die EZB ausgeführt wird. Dadurch werden de facto Risiken aus den nationalen Haushalten auf die EZB verlagert. Hinter der EZB stehen am Ende jedoch dieselben europäischen Steuerzahler. Eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Eurozone hat somit schon längst stattgefunden, auch wenn die Bundesregierung diese Wahrheit ignoriert.

Wir kritisieren außerdem, dass die Bundesregierung die Ratifizierung des ESM bewusst verzögert hat. Eigentlich sollte er bereits im Juli 2012 in Kraft treten. Aus Angst vor mangelnder Zustimmung in den eigenen Reihen bestand Frau Merkel jedoch darauf ihn im Paket mit dem EU-Fiskalvertrag abzustimmen. Der Bundespräsident hält seine abschließende Unterschrift auf Grund verschiedener Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht nun zurück. Das ist zwar richtig, problematisch ist aber, dass ganz Europa nun auf die endgültige Ratifizierung Deutschlands warten muss.

Weitere grüne Argumente zum ESM finden Sie auch in unserem Entschließungsantrag.

Wie hoch ist Deutschlands Beitrag zum ESM und mit welchem Anteil haftet die Bundesregierung?

Der ESM in Zahlen

  • Maximales Kreditvolumen/ Ausleihkapazität: 500 Milliarden
  • Bareinlage ESM (tatsächlich eingezahltes Geld): 80 Milliarden
  • Deutscher Anteil am Gewährleistungsrahmen des ESM: 168 Milliarden
  • Deutscher Anteil an der Bareinlage des ESM: 22 Milliarden
  • Gesamter Deutscher  Anteil an der Kreditvergabekapazität ESM: 190 Milliarden
  • Maximales Kreditvolumen durch Parallelführung EFSF und ESM: 700 Milliarden
  • Summe der deutschen Garantien aus ESM und EFSF (worst-case-szenario): 393 Milliarden

Insgesamt können durch die zeitweilige Parallelführung von ESM und EFSF Kredite in Höhe von 700 Milliarden Euro gewährt werden. Deutschlands Anteil am Eigenkapital des ESM beträgt 22 Milliarden Euro. Dazu übernimmt die Bundesrepublik weitere Gewährleistungen in Höhe von 168 Milliarden Euro Die maximale Gewährleistungshöhe ist fixiert. Ein Fass ohne Boden ist der ESM nicht, weil die Summe der deutschen Gewährleistungen mit maximal 190 Milliarden klar begrenzt ist. Diese Summe hat der Deutsche Bundestag beschlossen und sie kann nicht ohne seine Zustimmung überschritten werden. Sollte der ESM tatsächlich einen Verlust erleiden, würde ihn Deutschland zu 29 Prozent tragen müssen.

Wie ist die Beteiligung des Parlaments beim ESM sichergestellt?

Die Grünen haben sich bei den Verhandlungen für eine umfassende Beteiligung des Parlaments beim ESM eingesetzt. Grundsätzlich darf keine wesentliche Entscheidung ohne die vorherige Zustimmung oder Beteiligung des Deutschen Bundestages getroffen werden. Das Plenum muss bei folgenden Entscheidungen zustimmen: Veränderung des Stammkapitals, Veränderung des maximalen Darlehensvolumens und Änderung der Finanzhilfeinstrumente. Bevor ein Land unter den Rettungsschirm kommt, muss das Plenum sogar zweimal zustimmen. Dabei ist die erste Abstimmung erforderlich, um einem Mitglied grundsätzlich Hilfe zu gewähren. Die zweite Abstimmung ist erforderlich, um dem Land tatsächlich Hilfen zu zahlen. Dafür muss eine Einigung der Troika mit dem Mitgliedsstaat vorliegen:

  1. ein Memorandum of Understanding mit detaillierten Auflagen
  2. eine Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, mit den Finanzierungsbedingungen und den einzelnen Instrumenten.

Grundsätzlich gilt: nur mit einem vorherigen zustimmenden Votum des Bundestages darf der deutsche Vertreter im Gouverneursrat einem entsprechenden Beschlussvorschlag zustimmen. Erteilt der Bundestag dieses Votum nicht, muss der deutsche Vertreter den Beschlussvorschlag ablehnen.

Weitere Grüne Forderungen im Rahmen der Parlamentsbeteiligung finden Sie auch in unseren beiden Änderungsanträgen zum ESM Finanzierungsgesetz:

EU-Fiskalpakt und Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung

Was ist der EU-Fiskalpakt?

Der Fiskalpakt ist ein neuer völkerrechtlicher Vertrag zwischen 25 der 27 EU-Mitgliedsstaaten, der die Unterzeichnerstaaten durch die Einführung nationaler Schuldenbremsen zu einer strengeren Haushaltsdisziplin verpflichten soll. Für die Verabschiedung des Fiskalpakts in Deutschland war eine Zweidrittelmehrheit notwendig, sowohl im Deutschen Bundestag als auch im Bundesrat. Der Deutsche Bundestag hat seiner Ratifizierung am 29. Juni 2012 zugestimmt, ein Großteil der anderen EU-Mitgliedstaaten ratifizieren ihn erst im Herbst. Der Bundespräsident hält seine endgültige Ratifikation aber noch zurück, solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht über die vorliegen Klagen geurteilt hat. Inkrafttreten soll der Fiskalpakt zum 1. Januar 2013, sofern ihn bis dahin mindestens zwölf Euro-Staaten ratifiziert haben.

Der Großteil des Fiskalpaktes ist bereits im europäischen Gemeinschaftsrecht vorgesehen. So sehen bereits die Rechtsakte im Rahmen des sogenannten Six-Pack eine Begrenzung des strukturellen gesamtstaatlichen Defizits und einen Abbau der Staatschulden über der 60 Prozent-Marke in zwanzig Jahren vor. Das „Neue“ am Fiskalvertrag sind die Vorschriften zur Einführung einer nationalen Schuldenbremse in Höhe von 0,5 Prozent des BIP, deren Umsetzung von der EU-Kommission überprüft wird. Zudem soll es einen nationalen Korrekturmechanismus geben, falls vom Haushaltsziel abgewichen wird.

Da eine Änderung der EU-Verträge zur Einführung nationaler Schuldenbremsen am britischen Veto gescheitert ist, wurde der Fiskalpakt als neuer völkerrechtlicher Vertrag konzipiert und am 2. März 2012 von den EU-Staats- und Regierungschefs unterzeichnet.

Detaillierte Informationen zum Fiskalpakt, seiner Umsetzung und der Position der grünen Bundestagsfraktion dazu, finden sie hier.

Wie steht die Grüne Bundestagsfraktion zu dem Fiskalpakt?

Die Grüne Bundestagsfraktion ist der Überzeugung, dass mehr Haushaltsdisziplin in der EU richtig und wichtig ist. In Deutschland haben Bundestag und Bundesrat ohnehin im Jahr 2009 die schrittweise Einführung einer Schuldenbremse in Deutschland beschlossen. Dies ist sogar im Grundgesetz verankert. Die Vorgaben aus dem Fiskalpakt bringen somit für Deutschland keine großen Veränderungen. Auch die Übergangsfristen, die die deutsche Schuldenbremse bis 2020 den Bundesländern gewährt, bleiben nach Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern unberührt (d.h. Bundesländer und Kommunen dürfen erst ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufnehmen, für den Bund gilt dies bereits ab 2016). Dementsprechend konnten wir dem Fiskalpakt mehrheitlich zustimmen).

Falsch ist jedoch, dass Frau Merkel, die den Fiskalpakt maßgeblich gegenüber ihren Partner in der EU durchgesetzt hat, damit einmal mehr einseitig aufs Sparen setzt. Mit Sparen allein und ohne Investitionen in nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung wird die Europäische Union die Krise nicht überwinden. Dementsprechend haben wir uns in Verhandlungen mit der Bundesregierung im Vorfeld der Abstimmung über den Fiskalpakt für ein europäisches Investitionsprogramm, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und eines Schuldentilgungspakts eingesetzt, damit neben der Begrenzung neuer Schulden, auch die Tilgung der alten Schulden angegangen wird.

Nicht zuletzt haben wir kritisiert, dass die Demokratie beim Fiskalpakt den Kürzeren zieht und haben daher eine stärkere Beteiligung vom Bundestag und vom Europäischen Parlament gefordert. Denn dadurch, dass der Fiskalpakt außerhalb der EU-Verträge stehen wird, hat das Europäische Parlament weniger Einflussmöglichkeiten. Hier zeigt sich wieder einmal wie sich die Bundesregierung das Krisenmanagement vorstellt: Transparenz und Demokratie stören nur, die wirklich wichtigen Entscheidungen sollen lieber hinter verschlossenen Türen getroffen werden.

Mehr zu den Forderungen der Opposition finden Sie in einem gemeinsamen Papier von Jürgen Trittin, Renate Künast und Dr. Frank-Walter Steinmeier.

Konnte sich die Opposition mit ihren Forderungen nach mehr Investitionen in Wachstum und Beschäftigung durchsetzen?

Ja, die die Bemühungen der Opposition in den Verhandlungen waren erfolgreich. Mit der Verständigung auf ein Investitionsprogramm mit Schwerpunkten auf ökologischer Modernisierung und Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist die Bundesregierung zumindest ein Stück von ihrem einseitigen Spar- und Kürzungskurz abgerückt. Am Ende hat die Kanzlerin auf dem Europäischen Rat am 28./29. Juni 2012 mit den anderen Staats- und Regierungschefs den Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung verabschiedet. Viele andere EU-Mitgliedsstaaten hatten so einen Pakt ohnehin gefordert, nur die Kanzlerin hat bislang blockiert.

Zudem hat die Bundesregierung – vielmehr die FDP – endlich ihre unsinnige Blockadehaltung gegenüber der Finanztransaktionssteuer aufgegeben. Der Opposition hat sie zugesichert, dass sie sich – gemeinsam mit weiteren willigen EU-Staaten – für die Einführung dieser Steuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage in den jeweiligen Gremien der EU einsetzt.

Gegen die Einführung eines europäischen Schuldentilgungspakts verwehrt sich die Bundesregierung noch. Und dass, obwohl der Vorschlag ursprünglich von ihrem eigenen beratenden Sachverständigenrat vorgeschlagen wurde. Ein gemeinsamer Schuldentilgungspakt der Euro-Staaten könnte den Zinsdruck für die Krisenländer mindern und somit stabilisierend auf die gesamte Eurozone wirken. Außerdem würde er das Problem der Altschulden angehen. Wir haben vorgeschlagen, dass die Tilgung durch europaweite Vermögensabgaben finanziert wird, um Schulden sozial gerecht abbauen zu können.

Weitergehende Informationen finden Sie in unserem parlamentarischen Entschließungsantrag zur Abstimmung über den Fiskalpakt und den ESM hier.

Griechenland

Warum war und ist es richtig, Griechenland mit Finanzhilfen zu unterstützen?

Deutschland hat ein starkes politisches und wirtschaftliches Interesse daran, dass die Stabilität der Europäischen Währungsunion gewahrt wird. Griechenland ist ein Teil dieser Währungsunion. Wer Griechenland einfach aufgibt, handelt nicht nur verantwortungslos gegenüber der griechischen Bevölkerung, sondern riskiert auch die Stabilität der Eurozone insgesamt und eine Desintegration Europas. Ein Euro-Austritt Griechenlands würde verschärfend auf die Euro-Krise wirken, hätte für die Menschen in Griechenland verheerende politische, soziale und wirtschaftliche Folgen und würde enorme Kosten für Deutschland nach sich ziehen.

Europapolitisch wäre ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone fatal, denn die Europäische Union besteht nicht nur auf Grund von nationalen Kosten-Nutzen-Rechnungen, sie ist auch eine Werte- und Solidargemeinschaft.

Wir haben den Finanzhilfen für Griechenland zugestimmt, da wir eine finanzielle Unterstützung Griechenlands grundsätzlich für richtig halten. Es ist richtig, dass Griechenland schmerzhafte Anpassungsprozesse durchlaufen muss um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Kritisiert haben wir jedoch die unrealistischen Annahmen des Anpassungsprogramms, seine soziale Schieflage und die zögerlichen Kürzungen beim Militärhaushalt. Die Verantwortung dafür tragen sowohl Griechenland, als auch die Troika (bestehend aus dem IWF, der EU-Kommission und der EZB), die die Anpassungsmaßnahmen gemeinsam vereinbart haben. Die zu einseitige Sparpolitik hat die griechische Wirtschaft abstürzen lassen und die Krise unnötig verschärft.

Staat und Wirtschaft in Griechenland müssen tiefgreifend umgebaut werden. Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung, Modernisierung der Steuerverwaltung und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sind hierfür unerlässlich. Griechenland muss  die mit der Troika ausgehandelten notwendigen Strukturreformen auch wirklich umsetzen. Hier geht es bisher zu langsam voran.

Im September wird die Troika ihren nächsten Fortschrittsbericht vorlegen. Diesen gilt es abzuwarten und zu bewerten. Populistische Forderungen nach einem Austritt wie die von Herrn Seehofer oder Herrn Rösler erhöhen nur die Unsicherheit in einer ohnehin angespannten Lage und erhöhen die Kosten der Krise.

Wie sieht die Finanz-Hilfe für Griechenland im Einzelnen aus?

Der Gesamtumfang des zweiten Pakets mit Finanzhilfen für Griechenland umfasst 130 Milliarden Euro. Die Hilfen kommen aus dem Euro-Rettungsschirm (EFSF) und vom Internationalen Währungsfonds (IWF).  Der deutsche Anteil an dem Paket beträgt bis zu 38,9 Milliarden Euro. Dazu gehören ca. 7 Milliarden Euro aus dem Griechenland I Paket und 29 Prozent der 110 Milliarden Euro im Griechenland II Paket. Der IWF beteiligt sich mit 20 Milliarden. Die späte, aber dennoch erfolgreiche Umschuldung und Beteiligung privater Gläubiger wurde von uns unterstützt.

Die Finanzhilfen für Griechenland sind mit einem ehrgeizigen Anpassungsprogramm verbunden, das zwischen der griechischen Regierung und der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF ausgehandelt wurde. Nur wenn die griechische Regierung die vereinbarten Ziele zu den vorgeschriebenen Zeitpunkten erreicht, wird die nächste Tranche ausgezahlt.

Bei dem 1. Rettungspaket hat Griechenland insbesondere bei den vereinbarten Strukturreformen und der Privatisierung die vereinbarten Ziele verfehlt. Hinsichtlich der Einsparmaßnahmen und Steuererhöhungen war die Umsetzungsquote deutlich höher.

Das Anpassungsprogramm im Rahmen des 2. Rettungspakets verlangt vor allem Einsparmaßnahmen und Strukturreformen. Wichtige und drängende Aufgaben sind unter anderem der Abbau von 15.000 Stellen im öffentlichen Dienst bis Ende 2012 und 150.000 Stellen bis 2015. Die Ausgaben für Militärbeschaffungen sollen um 300 Mio. Euro gekürzt werden.

Trotz wichtiger Strukturmaßnahmen belastet auch das zweite Hilfspaket Menschen mit niedrigem Einkommen besonders stark, während insbesondere die vermögenden Griechen, nicht ausreichend an den Kosten der Krise beteiligt werden.

Unseren Entschließungsantrag zum zweiten Griechenlandpaket finden Sie hier.

Wie steht es momentan um Griechenland und was müsste Griechenland tun, um wieder auf die Beine zu kommen?

Das Land befindet sich im sechsten Jahr in Folge in einer schweren Rezession. Gegenüber dem Jahr 2009 wird die Wirtschaft am Ende des Jahres 2012 um fast 20 Prozent geschrumpft sein. 1,2 Millionen Griechinnen und Griechen sind arbeitslos (22 Prozent), über 50 Prozent der Menschen unter 35 Jahren haben keine Arbeit. Die mit der Troika vereinbarten Anpassungsprogramme haben nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Für die Verbesserung der Staatseinnahmen wurde bislang zu wenig getan.  Auf der Ausgabenseite wurden vor allem Maßnahmen umgesetzt, die nicht sozial gerecht waren. Notwendige Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder Modernisierung der Steuerverwaltung blieben aus.

Das Beispiel Griechenland zeigt deutlich, dass ein Land mit harter Sparpolitik allein nur schlecht aus der Krise kommt. Um wieder auf die Beine zu kommen braucht das Land ein Investitionsprogramm im Rahmen eines Green New Deals. Besonderer Fokus kann dabei auf den Bereichen nachhaltiger Tourismus, Erneuerbare Energie und Energieeffizienz sowie regionaler Landwirtschaft liegen. Auch eine Reform des Steuerwesens, das dieses sozial gerechter macht ist dringend notwendig. Die Europäische Kommission sollte Griechenland verstärkt beim Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und illegale Kapitalexporte aus Griechenland unterstützen.

In Griechenland geht es jedoch nicht nur um wirtschaftliche Herausforderungen, es geht vor allem um die Politik. Die neue griechische Regierung muss zeigen, dass sie sich nicht an Klientelinteressen orientiert, sondern am Gemeinwohl und sie muss politischen Willen für tiefgreifende Reformen aufbringen. Vor allem aber muss sie das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. Ohne eine Veränderung im politischen Miteinander wird Griechenland nicht aus dieser Krise herauskommen.

Weitere Maßnahmen im Rahmen der Euro-Rettung

Der vorübergehende Euro-Rettungsschirm – wie funktioniert er?

Der Euro-Rettungsschirm (EFSF) wurde im Mai 2010 als vorübergehendes Notfallinstrument eingerichtet, um den Euro-Staaten zu helfen, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Wenn ein Land Finanzhilfen beantragt, also unter den Rettungsschirm schlüpfen muss, leiht sich die EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) am Markt Geld und reicht es als EFSF-Kredit an dieses Land weiter. Die Länder der Eurozone garantieren dafür, dass dieses Geld auch wieder zurückgezahlt wird. Insgesamt haben die Euro-Länder Gewährleistungen von 779 Milliarden Euro abgegeben. Die EFSF hat sich aber verpflichtet, nicht mehr als 440 Milliarden Euro an Krediten für die „Krisen-Länder“ auszugeben. Kredite haben bisher Portugal, Irland und Griechenland erhalten. Da es bislang keine Ausfälle gibt, heißt das, dass der deutsche Haushalt bis heute nicht belastet wurde. Deutschland hat aber im Rahmen der EFSF zunächst für maximal 123 Milliarden Euro Garantien übernommen. Am 29. September 2011 hat der Bundestag dann eine Erhöhung dieser Garantiesumme auf 211 Milliarden Euro beschlossen. Eine Erhöhung der Garantiesumme war wichtig, damit der Rettungsschirm sein Triple A Rating und das ursprünglich vorgesehene Ausleihvolumen behalten konnte.

Warum hat Spanien einen Antrag auf Hilfe für seinen Finanzsektor gestellt und wie steht die grüne Bundestagsfraktion dazu?

Spanien leidet massiv unter seinem maroden Bankensektor und befindet sich seit Monaten in einer zunehmend untragbaren Situation. Die angeschlagenen Banken vergeben kaum mehr Kredite an die Realwirtschaft und die Investoren meiden spanische Staatsanleihen, da sie – trotz einer geringeren Staatsverschuldung als Deutschland  – zukünftige Belastungen durch eine nationale Bankenrettung fürchten.

Die europäischen Rettungsschirme sehen für einen solchen Fall vor, dass dem Finanzsektor über den spanischen Staat geholfen werden kann. Ein gezieltes Eingreifen im Bankensektor zum jetzigen Zeitpunkt kann den Druck auf Spanien reduzieren und somit die Wahrscheinlichkeit verringern, dass der spanische Staat insgesamt unter den Rettungsschirm muss.

Der Deutsche Bundestag hat in einer Sondersitzung am 19. Juli 2012 einem Hilfspaket über 100 Milliarden Euro für Spanien zugestimmt. Der spanische Staat bekommt somit Kredite zur Verfügung gestellt, das er für die Rekapitalisierung seiner Banken braucht. Würde sich Spanien derzeit am Kapitalmarkt finanzieren, müsste es sehr hohe Zinsen zahlen. Dies würde das Land sehr stark belasten. Die Kredite aus dem Euro-Rettungsschirm bekommt es zu günstigeren Zinsen. Jedoch sind die Hilfen mit anspruchsvollen Anforderungen an eine Umstrukturierung des Finanzsektors verbunden.

Das vorliegende Programm weißt dabei in wesentlichen Punkten in die richtige Richtung. Richtig ist z.B. die Vorschrift, dass die Banken, die Hilfen bekommen, keine Dividenden mehr ausschütten dürfen und Managergehälter begrenzen müssen. Trotzdem bleibt es in entscheidenden Punkten vage. So bleiben Entscheidungsspielräume offen, die die Banken nutzen könnten, um ihre Investoren auf Kosten der Steuerzahler schadfrei zu halten. Deshalb ist wichtig, dass die Bankenrettung die Kosten für den spanischen Staatshaushalt möglichst gering hält und die Kreditwirtschaft stabil bleibt.

Den Grünen Entschließungsantrag zu den Finanzhilfen für Spanien finden Sie hier.

Welche Staaten bekommen außer Spanien noch Finanzhilfen und zu welchen Bedingungen?

Derzeit erhalten außerdem Portugal, Irland und Griechenland Hilfen von der EFSF. Auch das Land Zypern hat einen Antrag auf Finanzhilfen gestellt, hierüber soll im September 2012 beraten werden, sobald alle Fakten vorliegen. Die Kredite für Griechenland aus dem Griechenland Paket I, die im Jahr 2010 vergeben wurden, stammten noch aus Mitteln des Internationalen Währungsfonds (IWF) und aus bilateralen Kredithilfen der Euro-Länder, darunter auch Deutschland. Darüber hinaus hat die Bundesrepublik im Jahr 2010 beschlossen, über die Kreditanstalt für Wiederaufbau Hilfskredite bis zu 22,4 Milliarden Euro an Griechenland zu geben. Alle Hilfen sind an Bedingungen geknüpft, die das betroffene Land gemeinsam mit der sogenannten Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), IWF und EU-Kommission in einem Sanierungsprogramm festgelegt hat. Alle drei Monate überprüft die Troika, ob die Bedingungen eingehalten werden. Dabei geht es um Reformen des Steuersystems, Einsparungen, Privatisierungen und weitere Maßnahmen.

Warum war es richtig Portugal, Irland, Griechenland und Spanien zu unterstützen, welche Probleme haben sie?

Merkels Krisenanalyse, die Eurokrise sei eine reine Staatsschuldenkrise greift zu kurz. Die jetzige Staatschuldenkrise ist auch die Folge der Finanzmarktkrise von 2008, ausgelöst durch marode Immobilienkredite in den USA und spekulative und undurchsichtige neue Finanzprodukte. Banken mussten von den Staaten gerettet werden. In der Folge explodierten die Staatsschulden.

Spanien und Irland waren bis 2008 Musterknaben solider Haushaltsführung. Heute leiden sie an den Kosten der Bankenrettung. Irland wurde Opfer seines entzügelten Finanzsektors und einer falschen Steuerpolitik. Spaniens Probleme gehen im Kern auf die geplatzte Immobilienblase zurück.

Griechenland hat jahrzehntelang von billigen Krediten gelebt und dadurch zu viele Schulden angehäuft. Gleichzeitig wurden Reformen für grundlegende funktionierende staatliche Strukturen versäumt.

Portugal wiederum konnte wegen fehlender industrieller Basis der Rezession nichts entgegensetzen.

Die Krisenursachen sind also unterschiedlich, entsprechend müssen auch die Antworten zu ihrer Lösung differenziert sein. Dem großen Vertrauensverlust, zu dem die Krise geführt hat, können wir nur gemeinsam entgegenwirken. Mit einem klaren Ja zur Europäischen Union und klaren Bedingungen für die gegenseitige Hilfe.

Mehr Informationen zu den Hilfen für Irland und die Grüne Position dazu finden Sie in unserem parlamentarischen Antrag.

Unseren parlamentarischen Antrag zu den Hilfen für Portugal finden Sie hier.

Welche Schritte hat die EU-Kommission seit Ausbruch der Eurokrise außerdem unternommen?

Im Zuge der sich verschärfenden Eurokrise legte die Europäische Kommission im Herbst 2010 ein Paket mit Gesetzgebungsvorschlägen vor, die das Europäische Parlament und der Rat Ende 2011 verabschiedet haben. Ziel der Vorschläge war es, die Haushaltsdisziplin der EU-Mitgliedsstaaten zu verschärfen, die Wirtschaften zu stabilisieren und neuen Krisen vorzubeugen. Bei diesem so genannten „Six Pack“ handelte es sich um fünf Verordnungen und einer Richtlinie. Neben der Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte erstmalig auch ein Verfahren eingeführt werden, dass den Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den EU-Mitgliedsstaaten befördert. Dieses gilt sowohl für die Defizitländer als auch für die sogenannten Überschussländer, wie Deutschland. Wir haben diese Vorschläge, insbesondere den Vorschlag zur Überwachung der makroökonomischen Ungleichgewichte, unterstützt. Die Bundesregierung sollte jetzt dafür sorgen, durch die Einführung von Mindestlöhnen, fairen Lohnabschlüssen und durch Zukunftsinvestitionen die Binnennachfrage zu steigern. Sie kann nicht mehr einseitig nur auf den deutschen Export als Motor der Konjunktur setzen.

Inzwischen hat die EU-Kommission zwei weitere Gesetzesvorhaben vorgeschlagen, die eine strengere Haushaltskontrolle vorsehen. Dieses sogenannte „Two Pack“ sollen die Regeln des „Six Packs“ erweitern und es der EU-Kommission beispielsweise ermöglichen die nationalen  Haushaltspläne der Eurozonen-Mitglieder stärker zu überwachen. Das Europäische Parlament hat sich im Juni 2012 mit den Vorschlägen befasst, nun starten die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament. Das Europäische Parlament hat sich über das Two-Pack hinaus in dieser Befassung langfristig auch für die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds ausgesprochen und einen Fahrplan für die Schaffung von europäischen Anleihen gefordert.

Bundesverfassungsgerichts-Urteil zur grünen Klage für mehr Beteiligungsrechte des Bundestages

Warum hatte die Grüne Bundestagsfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht für mehr Beteiligungsrechte in der Euro-Rettung geklagt?

Wir wollen, dass die Bundesregierung den Bundestag bei allen Maßnahmen der Euro-Rettung angemessen beteiligt. Grundlage hierfür sind Artikel 23 Grundgesetz und das EU-Beteiligungsgesetz (EUZBBG). Demnach muss die Bundesregierung den Bundestag in EU-Angelegenheiten frühzeitig, umfassend und fortlaufend informieren und beteiligen. Bei den Verhandlungen um die Ausgestaltung des permanenten Euro-Rettungsschirms (ESM) setzte die Bundesregierung diese gesetzlichen Regelungen jedoch außer Kraft. In der Praxis bedeutete das, dass dem Bundestag wichtige Papiere wie die ESM-Vertragsentwürfe nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Warum? Nach Auffassung der Regierung war der ESM keine EU-Angelegenheit, sondern lediglich ein völkerrechtlicher Vertrag im Bereich des intergouvernementalen Handelns. Das Bundesverfassungsgericht hat nun klargestellt, dass es sich auch „bei völkerrechtlichen Verträgen, wenn sie in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Recht der Europäischen Union stehen“ um eine Angelegenheit der Europäischen Union handelt.

Was haben wir mit unserer Klage erreicht?

Die Bundesregierung muss den Bundestag stärker als bisher bei der Ausgestaltung von Euro-Rettungsmaßnahmen beteiligen. Es ist klargestellt, dass dem Bundestag bei völkerrechtlichen Anbauten an die EU-Verträge oder das EU-Recht dieselben Beteiligungs- und Informationsrechte zustehen wie bei anderen EU-Vorhaben auch. In der Praxis bedeutet das, dass die Bundesregierung zukünftig bspw. Vertragsentwürfe übersenden muss und somit eine informierte Mitwirkung des Bundestages möglich wird. Zudem werden wir uns dafür einsetzen, dass das Parlament Zugriff auf Dokumente vieler in der Krise wichtiger gewordenen Gremien gewinnen. Nicht zuletzt ist klargestellt, dass es trotz völkerrechtlicher Verträge keine Europäische Integration außerhalb der EU gibt. Diese Auffassung vertrat die Bundesregierung bei den mündlichen Verhandlungen.

Mehr Informationen hierzu erhalten Sie hier.

Welche Auswirkungen hatte das Urteil auf die Parlamentsbeteiligung beim Fiskalpakt?

Dank unseres grünen Siegs vor dem Bundesverfassungsgericht sind auch im Rahmen des Fiskalvertrags umfassende Informations- und Mitwirkungsrechte sichergestellt. Monatelang lehnte es die Koalition ab, das EU-Beteiligungsgesetz (EUZBBG) an die Neuerungen des Fiskalvertrags anzupassen. Neue Verfahren, Dokumente und Steuerungsgruppen (wie bspw. der Euro-Gipfel) wären ohne gesetzlich verankerte Parlamentsrechte geblieben. Doch mit dem Rückenwind aus Karlsruhe konnten wir uns trotz heftigen Widerstands der Koalition durchsetzen: das EUZBBG wird geändert (verankert in Artikel 2 des Fiskalvertragsratifizierungsgesetzes) und geregelt, dass

  • alle Beratungsgegenstände, Vorschläge und Initiativen von den Informations- und Mitwirkungsrechten des Bundestages erfasst sind und die Bundesregierung den Bundestag zum frühestmöglichen Zeitpunkt, umfassend, fortlaufend und in der Regel schriftlich unterrichten muss,
  • die Unterrichungs- und Übersendungspflichten der Bundesregierung auch für Dokumente, Protokolle, Berichte von, für und über wichtige(n) Entscheidungsgremien wie der Euro-Gipfel, die Euro-Gruppe, die Euro-Arbeitsgruppe gelten.

Doch nicht nur das. Auch bei allen künftigen intergouvernementalem/völkerrechtlichen Vereinbarungen/Verträgen muss der Bundestag frühestmöglich eingebunden werden – inklusive der Übersendung erster Vertragsentwürfe.

Ausblick: Eine stärkere gemeinsame Finanz-, Wirtschafts- und Haushaltspolitik auf europäischer Ebene

Warum hält die Grüne Bundestagsfraktion es für richtig, die nationale Wirtschafts- Finanz, und Haushaltspolitik stärker über die europäische Eben zu steuern?

Durch die starke wirtschaftliche Verflechtung der EU-Staaten untereinander bleiben Entwicklungen in einem Land nicht ohne Auswirkungen auf die anderen Länder. Die derzeitige Eurokrise führt uns eins deutlich vor Augen: eine Währungsunion ohne eine gemeinsame – oder wenigstens abgestimmte – Wirtschafts- Finanz- und Steuerpolitik kann auf Dauer nicht funktionieren. Ohne eine notwendige Veränderung werden immer wieder gefährliche finanzielle und wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen den EU-Mitgliedsstaaten entstehen. Daher sind jetzt alle EU-, und insbesondere Euro-Staaten in der Pflicht Reformen durchzuführen um die überbordenden Defizite auf der einen Seite und die überbordenden Überschüsse auf der anderen Seite abzubauen. Defizitländer müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern, Überschussländer – wie Deutschland – ihre Binnennachfrage stärken. Darüber hinaus muss die Europäische Union auch ihre Wettbewerbsfähigkeit als Ganzes stärken. Hierfür sind gemeinsame Investitionen in die Transformation der Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen und sozialen Ökonomie besonders wichtig.

Weitere wichtige Aufgaben, die unserer Ansicht nach auf europäischer Ebene geregelt werden sollten, sind z.B. die Harmonisierung von Steuersätzen und die Einführung sozialer Mindeststandards in allen EU-Staaten. Wenn Unternehmen und Kapital über Grenzen hinweg agieren, dürfen Steuerpolitik und soziale Absicherung nicht an nationalen Grenzen haltmachen.

Um dies leisten zu können braucht die Europäische Union starke und handlungsfähige Institutionen. In der Vergangenheit waren die Gemeinschaftsinstitutionen oft zu schwach. Das muss sich ändern. Versuche einiger Europäischen Staats- und Regierungschefs die Europäische Kommission und das Europäische Parlament zu schwächen sind falsch und kontraproduktiv. Ganz im Gegenteil, es braucht jetzt den Mut, der Europäischen Union in einigen Politikbereichen mehr Kompetenzen zu verleihen.

Mehr Informationen zu unserer Position hierzu finden Sie in unserer Grünen Erklärung zur Zukunft der EU.

Braucht die EU das Recht, in die Haushalte der Mitgliedstaaten einzugreifen?

Bereits jetzt stehen die Länder der Eurozone in einem begrenzten Haftungsverbund, z.B. über die Kredite der EZB und der Euro-Rettungsschirme. Dementsprechend müssen sich die Staaten an die europäischen Überwachungsverfahren (dem Europäischen Semester und dem Verfahren bei übermäßigen Ungleichgewichten) halten und die Vorgaben aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt befolgen. In diesem Zusammenhang können zentrale Eingriffsrechte in die Haushalte der Mitgliedsstaaten sinnvoll sein. Denn wenn ein Land sich grenzenlos verschulden und gleichzeitig darauf hoffen kann, im Zweifelsfall von anderen bedingungslos gerettet zu werden, ist das auch kein stabiles System.

Klar ist jedoch, dass das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente dabei immer gewahrt werden muss. Die hierfür vorgesehen Verfahren stellen dies jedoch sicher. Auch im Rahmen der Euro-Rettungsschirme braucht jede relevante Entscheidung die vorherige Zustimmung des Bundestages.

Wichtig ist jedoch, dass alle weiteren Integrationsschritte transparent und mit mehr demokratischer Legitimation verbunden sind. Die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament müssen ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können. Den Versuch von Merkel die EU-Kommission und das EU-Parlament zu schwächen und allein auf Abmachungen zwischen den nationalen Regierungen zu setzen, die hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden, lehnen wir ab.

Einführung europäischer Anleihen

Warum hält die Grüne Bundestagsfraktion langfristig eine gemeinschaftliche Fiskalpolitik und die Einführung europäischer Anleihen für richtig?

Der große Vorteil europäischer Anleihen liegt in der Größe des europäischen Marktes. Ähnlich wie bei US-Staatsanleihen käme kein großer Investor mehr an europäischen Anleihen vorbei. So können sich die USA derzeit zu niedrigen Zinsen finanzieren, obwohl sie eine durchschnittlich höhere Staatsverschuldung haben als Europa. Und obwohl die USA – anders als die Eurozone – deutlich mehr importieren als exportieren. Der Grund dafür liegt in der Größe des US-Schuldenmarktes. Jede Zentralbank hält US-Anleihen als Reservewährung. Gemeinschaftliche Euro-Anleihen hätten denselben Vorteil und könnten daher zu günstigen Konditionen ausgegeben werden. Wir meinen, dass europäische Anleihen damit auch einen Beitrag zur dauerhaften Stabilisierung des Euro leisten können.

Aktuell fürchten Sparer und Investoren dass die Konsolidierungsbemühungen südeuropäischer Staaten scheitern könnten. Auf Grund dieser Angst kaufen sie weniger Staatsanleihen oder verlangen höhere Zinsen wenn Staatsanleihen verlängert werden müssen. Dies wiederum wirkt sich negativ auf die Gesundung der Staatsfinanzen aus. Dieser Teufelskreis kann nur durch eine Form gemeinschaftlicher Haftung durchbrochen werden. Diese muss allerdings von einer stärker gemeinschaftlich ausgerichteten Fiskalpolitik begleitet werden.

Stimmt es, dass europäische Anleihen die deutsche Staatsverschuldung verteuern würden?

Bei der Verzinsung deutscher Anleihen profitiert Deutschland zurzeit stark von einer Flucht in sichere Anleihen. Deutlich mehr Anleger wollen aktuell in deutsche Anleihen investieren, daher sinken die Zinsen für Deutschland. Dieser Effekt entsteht aber dadurch, dass die Anleger sich aus den Anleihen anderer Länder zurückziehen. Europäische Anleihen würden an dieser Stelle wieder ein Gleichgewicht einführen. Daher wäre ihre Verzinsung wahrscheinlich höher als die der aktuellen Anleihen Deutschlands und näher bei den Zinsraten, die Deutschland vor der Krise bezahlen musste.

Die Bundesregierung spricht in dieser Frage mit doppelter Zunge. Während Finanzminister Schäuble die Wichtigkeit einer tieferen europäischen Integration betont, an deren Ende auch europäische Anleihen stehen könnten, fischen Hinterbänkler aus CDU und FDP am rechten Rand und sprechen sich populistisch gegen weitere Garantien aus. Tatsächlich werden täglich spanische Einlagen auf deutsche Konten überwiesen und unterliegen damit der hiesigen Einlagensicherung, während spanische Banken den Abfluss von Mitteln über die EZB kompensieren. Am Ende haftet jedoch auch hier die Gemeinschaft der europäischen SteuerzahlerInnen.

Finanzmarktregulierung / Finanztransaktionssteuer

Welche Veränderungen im Bereich der Finanzmärkte fordert die grüne Bundestagsfraktion?

Die internationalen Finanzmärkte sind unserer nach Ansicht nach alles andere als finanziell nachhaltig und krisenfest. Eine effiziente Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmarktakteure fehlt – immer noch. Zudem erlauben die derzeitigen Strukturen, dass einzelne Finanzmarktakteure das Gesamtsystem gefährden. Auch die nationalen Bankenrettungsprogramme waren überwiegend ineffizient und haben die Krise sogar verschärft. Die Bundesregierung fasst den Finanzsektor und die Banken mit Samthandschuhen an. Das ist falsch und hat zur Folge, dass Banken weiterhin in regulatorisch begünstigte Schlupflöcher ausweichen.

Wir fordern daher eine Verbesserung der Regulierung und Aufsicht von Finanzmärkten. Dazu gehört für uns eine klare Schuldenbremse für Banken, die ein Mindestniveau an Eigenkapital für jede Bank vorschreibt. Aufgrund zahlreicher Ausnahmenregelungen halten vielen Banken zwar auf dem Papier die bestehenden Regelungen einhalten, de facto halten sie jedoch nur knapp 2 Prozent an Eigenkapital vor. Das ist in Krisenzeiten zu wenig. Wir fordern eine Mindesteigenkapitalquote von 3 Prozent.

Zudem brauchen wir Mechanismen, die garantieren, dass im Krisenfall nicht der Steuerzahler die Rechnung übernehmen muss. EU-Kommissar Barnier fordert in diesem Zusammenhang, dass Banken einen Teil an Fremdkapital bereit halten müssen, der im Krisenfall in Eigenkapital umgewandelt wird. Bislang können Fremdkapitalgeber aus rechtlichen Gründen nur beteiligt werden, wenn eine Bank tatsächlich in die Insolvenz geschickt wird. Dieser Schritt wird aus Angst vor Dominoeffekten aber bislang vermieden. Der Vorschlag Barniers würde hingegen erlauben, das Eigenkapital von Banken ohne staatliche Interventionen zu erhöhen. Somit würden die Fremd- und Eigenkapitalinvestoren das Risiko tragen und nicht vom Steuerzahler. Eine solche Regelung würde die Bankenbranche wieder auf ein marktwirtschaftliches Fundament stellen.

Mehr Infos finden Sie hier.

Warum fordern wir eine Finanztransaktionssteuer?

Die Finanzmärkte haben in den letzten vier Jahren gewaltige Kosten verursacht. Es ist nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sie über eine Steuer zumindest teilweise an diesen Kosten zu beteiligen. Da die Steuer sehr niedrig angesetzt wäre (0,1 Prozent), würde sie den normalen Anleger kaum betreffen. Sie zielt insbesondere auf den computergesteuerten Hochfrequenzhandel ab, bei dem in Sekundenbruchteilen Wertpapiere gekauft und wieder verkauft werden. Eine Besteuerung dieses automatisierten Handels ist absolut notwendig, da er bei fehlerhafter Programmierung erheblichen Schaden anrichten kann.

In den Verhandlungen mit der Bundesregierung um den EU-Fiskalpakt haben wir durchsetzen können, dass die Bundesregierung ihre jahrelange Blockade gegen eine solche Steuer endlich aufgibt. Lange genug hat die FDP gegen eine solche Steuer mobil gemacht. Nun hat sich die Bundesregierung verpflichtet, dass sie sich im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit, das heißt mit insgesamt acht weiteren EU-Mitgliedsstaaten, für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage einsetzt.

Banken / Europäische Bankenunion

Was hält die Grüne Bundestagsfraktion von der Idee eine europäische Bankenunion aufzubauen?

Im gemeinsamen Binnenmarkt können europäische Anleger jederzeit ihr Geld grenzüberschreitend überweisen. Gleichzeitig sind Bankenaufsicht und Einlagensicherung ausschließlich national aufgestellt. Dies kann z.B. verunsicherte spanische Anleger dazu veranlassen ihr Geld in Deutschland anzulegen, da sie die hiesige Einlagensicherung für solider halten. Das befördert wiederum den weiteren Abfluss von Geldern aus Spanien. Diese  Verschiebung von Kundeneinlagen kann langfristig sogar für gesunde Banken zum Problem werden. Keine Bank kann einen massiven Verlust von Einlegern kompensieren.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission die Schaffung einer Europäischen Bankenunion in Aussicht gestellt. Diese solle sich aus folgenden Bausteinen zusammensetzen: 1. EU-weit geltende gemeinsame Regulierung der Banken, insbesondere im Bezug auf die Eigenkapitalvorschriften; 2. Eine gemeinsame europäische Bankenaufsichtsbehörde; 3. Ein einheitliches Einlagensicherungssystem; 4. Ein gemeinsames europäisches System für die Bankenabwicklungen oder Restrukturierungen, um den Einsatz von Steuergeldern zu vermeiden.

Diese Schritte halten wir für richtig und für notwendig. Die Erfahrung zeigt, Bankenrettungen werden umso teurer, je verwobener Politik und Banken sind. Im Gegensatz zu den USA, wo alleine 2012 über 30 Banken abgewickelt wurden, finden Bankenabwicklungen in der EU so gut wie nicht statt. Ein einheitliches System zur Bankenabwicklungen und -Restrukturierungen mit einer gemeinsamen Behörde der EU könnte dies leisten und im Sinne der Steuerzahler agieren. EU-Institutionen können hier unabhängig, effizienter und im gesamteuropäischen Interesse agieren.

Weiterführende Informationen hierzu finden Sie hier.

Würde eine europäische Bankenunion bedeuten, dass deutsche Sparer für andere Staaten haften müssen?

Einige Bankenverbände haben kritisiert, eine Bankenunion würde zu einer Haftung deutscher Sparer für andere Staaten führen. Das ist falsch. Eine Umsetzung der Vorschläge von EU-Kommissar Barnier- wogegen sich die Lobby heftig wehrt – würde zukünftig Teile des Fremdkapitals einer Bank in Eigenkapital umwandeln. Dies würde bedeuten, dass überhaupt keine Zufuhr von Kapital aus anderen Quellen mehr notwendig ist.

Handelt die Europäische Zentralbank (EZB) in der Krise richtig?

Die Europäische Zentralbank ist als Institution zur Bewahrung der Preisstabilität geschaffen worden. Da aber aufgrund des schlechten Krisenmanagements, vor allem der Bundesregierung, die notwendigen Instrumente fehlten, wurde die EZB von den Euro-Staaten in die Rolle des Retters gedrängt. Außerdem hat sie sich in der Krise als die Institution erwiesen, die am schnellsten reagieren und handeln konnte. Die Debatte um Interventionen der EZB wird häufig sehr emotional geführt. Politiker der Koalition schüren Inflationsängste, indem sie behaupten, die EZB hätte beim Kauf von Staatsanleihen „Geld gedruckt“. Diese Behauptung ist jedoch falsch, da die EZB durch die Hereinnahme von Bankeinlagen die gleiche Geldmenge absorbiert, die sie durch ihr Ankaufsprogramm in Umlauf gebracht hat. Die bisherigen Ankäufe der EZB führen also nicht zu einer Ausweitung der Geldmenge und daher auch nicht zu Inflation.

Seit Dezember 2011 hat die EZB aber auch ihre Kredite an Banken massiv ausgeweitet und insgesamt eine Billion Euro an Krediten an Banken in der Eurozone zu sehr günstigen Konditionen für drei Jahre verteilt. Der Plan ist, dass Banken diese Kredite auch für günstigere Kredite an südeuropäische Staaten nutzen. Gleichzeitig soll dieses Vorgehen auch den Banken nutzen, die an Eigenkapitalmangel leiden. Da sie bei der EZB günstiger Kredit erhalten, als sie es an Staaten weiterleiten, könnten sie den Gewinn zum Aufbau von Eigenkapital nutzen – so zumindest ist die Hoffnung der EZB. Die günstigen EZB-Mittel funktionieren also wie ein neues Bankenrettungsprogramm – allerdings ohne Limitierung von Bankerboni und Ausschüttungen an die Bankaktionäre. An dieser Stelle wäre die Regierung gefordert, Banken zu einem stärkeren Aufbau von Eigenkapitalreserven zu verpflichten. Schwarz-Gelb bleibt hier aber bislang untätig.

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