Als die Plattform Deepwater Horizon im Golf vom Mexiko versank, zeigte sich die Hilflosigkeit der Rettungskräfte. Fast drei Monate lang strömte Rohöl ins Meer. Was ist nach einem Jahr von der Katastrophe geblieben?
Am 20. April jährt sich die Katastrophe der Deepwater Horizon zum ersten Mal. Die ersten Agenturmeldungen berichteten von einer Explosion und einem Brand auf einer Ölbohrplattform im Golf von Mexiko. Das Fatale daran: die Deepwater Horizon bohrte in 5.500 Metern Tiefe, als sie auf eine Gasblase traf. Es kam zu einem sogenannten Blowout – Bohrschlamm, Gas und Öl stiegen unter großen Druck zur Plattform auf. Der schlagartige Druckanstieg zerstörte den Verschluss des Bohrlochs auf dem Meeresgrund in 1.500 Metern Tiefe und das austretende Erdgas führte zur Explosion auf der Plattform – elf Menschen starben.
780 Millionen Liter Rohöl sind in den Golf von Mexiko geflossen
Eigentlich sorgt eine Sicherheitseinrichtung dafür, dass solche Blowouts nicht passieren. Diese war bei der Deepwater Horizon jedoch nicht funktionsfähig. Die direkten Folgen waren drei Monate lang jeden Abend in den Nachrichten zu sehen.
An 87 Tagen sind insgesamt 780 Millionen Liter Rohöl in den Golf von Mexiko geflossen. Über 1.000 Kilometer Küste wurden verseucht. Sieben Millionen Liter des Dispersionsmittels Corexit wurden in den Golf gesprüht und an das offene Bohrloch geleitet. Hunderttausende Tiere sind an den Folgen der Ölverschmutzung gestorben.
Aber was bleibt ein Jahr nach der Katastrophe? Manche meinen, die Region sei mit einem blauen Auge davongekommen. Das Corexit hat den Ölteppich in unzählige Öltröpfchen verteilt und damit verhindert, dass die Ölmassen das Marschland an der Mississippi-Mündung und die Strände großflächig bedecken und verkleben. Die Fischer der Region melden wieder steigende Fangzahlen. Also alles gar nicht so schlimm? Mitnichten. Wer genauer hinschaut, findet die Spuren der Katastrophe allenthalben im Meer und an der Küste. An den bereits gereinigten Stränden in Florida reichen teilweise wenige Spatenstiche, um Unmengen großer Ölklumpen im Sand zu finden. Andernorts sind über den ganzen Strand sogenannte Tarballs verteilt. Das sind schokolinsengroße Ölklumpen, die vom Sand paniert wurden. Auch im Wasser sind immer noch Spuren des Öls zu finden. Und nicht zuletzt über die Nahrungskette gelangt das Öl immer weiter nach oben, bis es schließlich wieder beim Mensch landet.
Ein anderes Problem ist das Corexit. In Großbritannien ist der Stoff wegen seiner toxischen Wirkung seit 1998 verboten. Noch sind die Spätfolgen des massenhaften Chemikalieneinsatzes im Golf von Mexiko nicht abzuschätzen. Fischer berichten von Krabben mit durchlöcherten Schalen, und Wissenschaftler befürchten, dass der Stoff die Zellmembrane schädigen kann. Dadurch könnte vom Organismus aufgenommenes Öl noch schneller seine giftige Wirkung entfalten. Es wurden auffällig viele Kadaver von Delfinjungen an der Küste gefunden. Sie sind schon vor oder direkt nach der Geburt gestorben. Ob ein Zusammenhang mit dem Corexit oder dem Öl besteht, wird derzeit überprüft.
Seit Oktober 2010 sind nach einem von Barack Obama ausgerufenen Moratorium wieder Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko erlaubt. Zurzeit stehen im Golf von Mexiko 3.600 Förderanlagen, die meisten davon in einer Region, in der das Meer bis zu 300 Meter tief ist. Doch die Zahl der Förderanlagen, die in tieferen Gewässern stehen, wächst. Zwischen 1996 und 2009 wurden 79 Zwischenfälle gemeldet, bei denen die Kontrolle über das Bohrloch verloren ging. Auch in anderen Regionen der Welt wird in der Tiefsee nach Öl gebohrt. Etwa vor der Küste Ghanas, Australiens und in der Arktis. Weiter werden vor den Küsten Chinas und Indiens noch Tiefseevorkommen vermutet.
Ein Untersuchungsbericht über die Katastrophe im Golf von Mexiko sieht die Schuld eindeutig bei den verantwortlichen Firmen: beim Auftraggeber British Petroleum (BP), bei der Schweizer Transocean als Betreiber der Plattform und bei dem für die Bohrung verantwortlichen Haliburton Konzern. Eine Serie aus technischen und menschlichen Fehlern hätte unweigerlich in die Katastrophe geführt.
Diese Technik ist nur schwer zu beherrschen
Der Unfall hat gezeigt, dass diese Technik nur schwer zu beherrschen ist. Im Falle eines Unfalls sind die Möglichkeiten zur Eindämmung der Folgen gering. Der Einsatz von Corexit hat die schlimmsten Folgen zunächst abgewendet oder vielleicht auch nur vertagt. Ob am Ende nur Pest gegen Cholera getauscht wurde, ist noch ungewiss. „Diese Katastrophe zeigt exemplarisch, wohin ein blindes Festhalten an fossilen Energien führt“, resümmiert Claudia Roth. „Eine ungezügelte Gier nach Öl bei steigendem Profit ist die Einladung zum Bohren in immer größeren Tiefen. Die Folgen dieser Politik, die das Geschäft über die Sicherheit stellt, hat BP im Golf von Mexico unheilvoll zu spüren bekommen.“ Sicher bleibt nur, das einzig effektive Schutz ist: WEG VOM ÖL!
Lernen aus der Ölkatastrophe
Was im Golf von Mexiko passiert ist, droht auch in der Nordsee. Auch dort stoßen Bohrungen in immer gefährlichere Tiefen vor. Was muss also getan werden, damit sich Ölkatastrophen in der Zukunft unmöglich werden? Zum einen müssen Ölbohrungen umgehend an deutlich strengere Umwelt- und Sicherheitsauflagen geknüpft werden. Das heißt konkret:
- keine Bohrungen unter 500 Metern, da diese technisch nicht beherrschbar sind
- die Notfallpläne für Ölverschmutzungen müssen verbessert werden
- Stopp der Förderung im Wattenmeer
- Einsatz der besten Technik und doppelte Sicherheitssysteme
- wir brauchen eine schlagkräftige UN-Umweltorganisation die in solchen Katastrophenfällen einschreitet und auch in der Prävention weitreichende Befugnisse hat
Info: gruene.de