Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union tagen derzeit in Brüssel und berieten dabei auch Pläne für eine Europäische Wirtschaftsregierung. Die Grüne Europafraktion unterstützt dabei Bestrebungen, die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten zukünftig stärker zu koordinieren. Die jüngste Eurokrise und besonders die schweren Folgen für Griechenland und Irland haben noch einmal unterstrichen, dass Europa jetzt gemeinsam handeln muss. Keineswegs darf dies aber auf Basis der deutsch-französischen Vorschläge geschehen, die zuletzt in den Medien kursierten.
„Bisherige Vorschläge sind besonders auf dem deutschen Auge blind“ so der Grüne Europaabgeordnete und Sprecher für den Wirtschafts- und Währungsausschuss, Sven Giegold. Entgegen der deutsch-französischen Vorschläge darf nicht ausschließlich in die Tarifautonomie der wirtschaftlich schwachen Länder eingegriffen werden, während Maßnahmen gegen Länder wie Deutschland, in denen jahrelang Lohnzurückhaltung und ein Anwachsen des Niedriglohnsektors gefördert wurden, ausgespart bleiben. Sparen ist unumgänglich – aber zugleich muss auch über die Besteuerung von Kapitaleinkünften und das Vorgehen gegen Steuerbetrug nachgedacht werden. Weitere Grüne Vorschläge beinhalten die Forderung nach EU-Eigenmitteln, wie zum Beispiel einer Energie- und Ressourcensteuer, sowie eine bessere Regulierung und Neuordnung des Bankensektors.
Die Grünen beobachten mit Sorge, dass demokratische Grundprinzipien bei dieser Diskussion zunehmend in den Hintergrund treten. Bereits bei der Ausweitung des „Euro-Rettungsschirms“ wollen die Euroländer ein Verfahren wählen, dass die Kontrolle des Europäischen Parlaments – im Optimalfall – auf eine Mitsprache bei den Konditionalitäten für Kreditempfänger beschränkt. Der so genannte „Stabilitätsmechanismus“ soll aber vollständig außerhalb der Europäischen Institutionen angelegt sein. Und die benötigte Änderung der Verträge über das vereinfachte Verfahren ablaufen, bei dem das EP außen vor bleibt. Für die weitergehenden Pläne für eine Europäische Wirtschaftsregierung sind die Aussichten nicht besser. Diese soll nicht über die Gemeinschaftsmethode, also die institutionalisierte Zusammenarbeit von Rat, Kommission und Parlament – funktionieren, sondern über Hinterzimmerabstimmungen des Rats.
Aus Grüner Sicht braucht es für eine europäische Wirtschaftsregierung einer breiten demokratischen Debatte über deren Inhalte. Die Grünen machen sich daher für die Einsetzung eines Wirtschaftskonvents stark. Nur so kann die Bevölkerung auf dem Weg hin zu einer stärkeren Verflechtung der europäischen Wirtschaftspolitik mitgenommen werden. Info: gruene-europa.de